Es begab sich im Frühling 2004, als ich nach einigen langen und anstrengenden Arbeitswochen ein paar Tage am Neckar Karpfenfischen wollte. Donnerstag abend fuhr ich gut gelaunt von Rosenheim los über München, doch plötzlich vernahm ich ein wohlbekanntes Geräusch - mein Handy! Ein Kunde wollte noch an diesem Abend Material von mir geliefert haben. Also Kommando zurück in mein Lager, Ware in den PKW, zum Kunden geliefert, und erneut startete ich eine 400 KM Anfahrt zum Neckar, dem Ziel meines Angeltrips. Endlich, es war mittlerweile weit nach Mittenacht, kam ich müde und

erschöpft am Fluß an. Ich fütterte noch einen mir gut bekannten Spot, und dann suchte ich mir rasch einen Schlafplatz. Am nächsten Tag hatte ich noch geschäftlich in der Heidelberger Gegend zu tun, so hieß es früh raus aus den Federn, voller Vorfreude auf den am Abend beginnenden Fischzug.
Am darauffolgenden Abend fuhr ich nach getaner Arbeit motiviert an meinen präparierten Spot ans Neckarufer, doch leider hatten bereits einige Kollegen den Platz in Beschlag genommen. War ich am Vorabend nicht aufmerksam genug beim Füttern gewesen? Egal, ich überlegte, wo ich auf die Schnelle für die nächste Zeit einen erfolgsversprechenden Platz finden könnte. Da fiel mir eine markante Stelle ein, die mir in der Vergangenheit schon schöne Fiche bis 32 Pfund einbrachte. Diese Fische konnte ich dort entweder an meiner eigenen Uferkante oder in der Flußmitte fangen. Der Neckar hat an dieser sehr auffälligen Stelle eine verhältnissmäßig große Breite (ca. 150 mtr.), und ich konnte auf einer Distanz von über 100mtr bereits des öfteren große Karpfen beim Rollen und Springen beobachteten. Dies war in den Jahren 2002 + 2003, und ich scheute mich damals, diese offensichtlichen Hotspot`s anzuwerfen, da ich genau wußte, mit meinen normalen Methoden würde ich zwangsläufig Probleme mit der Schiffahrt bekommen. Natürlich hatte ich es versucht, diese Spot`s auf der großen Distanz zu befischen, auch war ich mir sicher, daß dort die Allrounder mit Ihrem Equipment keine Chance hatten, ihre Fallen auf diese Entfernung zu platzieren. Doch obwohl ich das Pod in die unterste mögliche Position brachte (teilweise waren die Rutenspitzen bereits unter Wasser), hatte ich doch viele Abrisse, bedingt durch den hier herrschenden, starken, Schiffsverkehr. So blieb auch der erste Abend, an dem ich einmal an der eigenen Kante und einmal in der Flußmitte mein Glück versuchte, ohne Erfolg, doch konnte ich im ersten Büchsenlicht, wiederum gerade noch in Wurfweite, einige Karpfen beim Durchbrechen der Wasseroberfläche beobachten, darunter einige richtig gute Exemplare. Fieberhaft überlegte ich den ganzen Freitag, wie ich diese Rüssler effektiv beangeln konnte, ohne wieder in die leidigen Konflikte mit den Lastkähne zu geraten. Ein Absenkblei wäre die Lösung, doch mir waren zu diesem Zeitpunkt nur Ausführungen mit geringen Gewichten bekannt. Ein paar davon hatte ich sogar in meinem Rucksack, doch der Praxistest zeigte deutlich, daß diese Modelle einfach viel zu leicht waren, schon der erste Kriegerkahn spülte es weg wie nichts.
Am Abend gesellte sich Uwe zu mir, in der Absicht ebenfalls noch ein paar Stunden zu angeln. Nach kurzer Begrüßung schilderte ich ihm mein Problem, und ohne zu zögern, holte er ein Absenkblei aus seiner Tacklebox. Es war das EBL (Extrem Back Lead) aus dem Programm vonTommi Popovic. Auf den ersten Blick bemerkte ich neben der idealen Form für ein Absenkblei das auffallend schwere Gechicht, 180 Gramm! Sofort machte sich leichter Optimismus bei mir breit, doch noch zum Erfolg zu gelangen. Nachdem ich die Montagen auf den Long-Distance-Spot`s ausgebracht hatte, klinkte ich das EBL in die Hautschnur unterhalb der Rutenspitzen ein. Wichtig hierbei ist, das anschließend das EBL am tiestmöglichen Punkt des Gewässergrundes abgesenkt wird, nur so spielt es seine volle Effektivität aus. Die Sicherungsleine wird am besten mittels eines Häringes am Ufer befestigen. Beim Absenken kann ein Angelkollege oder bei Flachwasser im Uferbereich eine Wathose oder Watstiefel nützlich sein. Am Anfang sollte man zwei- ode dreimal üben, den Schnurclip optimal zu justieren. Er sollte so leicht wie möglich eingestellt sein, dennoch erst beim Anhieb die Leine freigeben. Wenn alles paßt, liegt die Schnur zwischen EBL und unserem schweren Festblei dicht am Gewässergrund, und keine Schiffsschraube und kein Bootsrumpf kann uns jetzt noch stören! Ideal hierbei ist es, die komplette Montage gefühlvoll zu straffen, die Rutenspitzen sollten leicht durchgebogen sein. Bei einem vorbeifahrenden Lastkahn wirken die leicht gebogenen Rutenspitzen quasi als "Puffer". Unsere Hautpschnur wird bei dem auftretenden Sog der Schiffschrauben noch dichter zum Grund bzw. zur Seite hin gepreßt. Ein effektives Festbleifischen ist dank dieser innovativen Absenkbleie jetzt einwandfrei möglich, ja man kann mit den EBL sogar regelrecht um die Ecke angeln! Eine herkömmlich gestraffte Montagen, bei der unsere Leine quer duch alle Wasserschichten verläuft, wirkt wegen der Strömung und der Schiffahrt wie ein Unterwassersegel, sehr zu unseren Ungunsten! Die Rigs driften oft soweit ab, bis ein unlösbarer Hänger das Resultat ist.
Ein weiterer Vorteil der EBL ist der, daß die auf den Gewässergrund abgesenkte Montage mit Sicherheit produktiver ist, da gerade die Kapitalen ja teilweise schon öfters mit gestrafften Schnüren in Kontakt geraten sind (z. B. im Drill...) und assozieren aus diesem Grund gestraffte Schnüre instinktiv mit Gefahr.
Der Grund, warum ich Tommi`s EBL wirklich reinen Gewissens empfehlen kann, erreignete sich übrigens am darauffolgenden Sonntagmorgen: Ich war gerade kurz eingenickt, als ich einen Run auf dem Long-Distance-Spot erhielt. Mit klopfendem Herzen sprang ich zur Rute. Deutlich sichtbar verlief die Schnur senkrecht von den Rutenspitzen nach unten, das EBL war also noch eingeclippt. Beim Anhieb klinkte sich dies jedoch einwandfrei aus, und nach heftigem Drill konnt ich einen Schuppi mit über 36 Pfund keschern. Ein Traumfisch, mein zweitgrößter Neckarcarp, mein größter Neckarschuppi, und mein erster EBL-Carp.

Keep on waiting!

Euer Christian Steiner